Ein Futtermittelwerk in Fürstenwalde bei Berlin, das zahlreiche Tierfabriken u.a. mit importierten Futtermitteln versorgt, will seine Produktion erhöhen und insbesondere mehr Fischmehl verarbeiten. Im Vorfeld des Erörterungstermins des Genehmigungsantrags hat die Firma die Einsicht in die Genehmigungsakten verhindert. Das Bündnis Tierfabriken-Widerstand hat daher zu einer Protestkundgebung beim Erörterungstermin aufgerufen. Wir waren bei der Kundgebung und beim Erörterungstermin dabei.
Die Firma FGL Futtermittel-Getreide-Landhandel GmbH, die zur großen AGRAVIS Raiffeisen AG gehört, will in Zukunft über 400.000 Tonnen Mischfutter pro Jahr produzieren. Das bedeutet für das Werk in Fürstenwalde eine Steigerung um 65 Prozent. Insbesondere sollen zusätzliche Einrichtungen zur Annahme und Lagerung von Fischmehl gebaut werden. Fischmehl wird vor allem in der Hühner- und Schweinemast eingesetzt, die derzeit in Brandenburg wächst, obwohl sich kürzlich ein Volksbegehren gegen Massentierhaltung ausgesprochen hat.
Der Genehmigungsantrag für die Produktionserhöhung wurde 2016 beim Landesamt für Umwelt eingereicht. Die Antragsunterlagen waren daraufhin Ende 2016 vier Wochen öffentlich einsehbar. Einem Antrag auf nachträgliche Akteneinsicht, den ein Mitglied des Bündnisses Tierfabriken-Widerstand Anfang Januar 2017 an die Behörde stellte, wurde allerdings bislang nicht stattgegeben – denn die Futtermittelfirma, die von der Behörde zur Stellungnahme aufgefordert bezüglich der Akteneinsicht aufgefordert wurde, hat dieser Einsicht widersprochen.
Am Dienstag, 21. Februar, um 09:30 Uhr, fand daher eine kleine Protestkundgebung vor dem Bürgerhaus „Spreetal“ in Berkenbrück bei Fürstenwalde statt. Viel Laufpublikum gab es nicht, aber die Märkische Oderzeitung war dabei (Link zum Artikel folgt).
Der Erörterungstermin selbst war ernüchternd. Diese Erörterungen dienen dazu, dass der Antragsteller und die Behörden auf die Einwendungen aus der Bevölkerung eingehen. Entsprechend waren mehrere Vertreter*innen der Stadt Fürstenwalde sowie des Landesumweltamtes anwesend und auch die Antragsteller-Seite war mit vier Personen – Firmensprecher, Anwältin sowie zwei Mitarbeiterinnen des beauftragten Ingenieurbüros – vertreten.
Es gab zwei Einwendungen, die dann besprochen wurden. Weil die Einwender*innen die öffentliche Auslage der Unterlagen verpasst und nachträglich keine Einsicht erhalten hatten, konnten sie letztlich ihre Bedenken nicht inhaltlich stichhaltig begründen. In einem solchen Genehmigungsverfahren zählen generell nur sachliche Gründe, die sich auf Rechtsvorschriften, Grenzwerte etc. beziehen. Der Gesprächsleiter von der Genehmigungsbehörde machte dies bei allen grundsätzlicheren Diskussionspunkten deutlich – die Antragstellerseite verweigerte in diesen Fällen entsprechend auch die Auskunft. So antworteten die Vertreter*innen des Futtermittelwerks sowohl auf die Frage, warum sie die Akteneinsicht verwehrt hatten, als auch auf die Frage, warum sie die Produktion erhöhen wollten und wohin sie die Futtermittel liefern werden, als auch auf die Frage, wie sie zu den Bedingungen stehen, unter denen die Hühner und Schweine in den Mastanlagen leben müssen, nur: Dazu möchten wir keine Stellung nehmen.
Es ist vielleicht nachvollziehbar, dass ein formales Genehmigungsverfahren nicht der Ort ist, um grundsätzlich zu diskutieren, welche Art von Landwirtschaft wir haben wollen. Aber erstens muss diese Diskussion dann anderswo geführt werden, und zwar dringendst. Zweitens gibt es auch in einem Genehmigungsverfahren überall Ermessensspielräume und Handlungsmöglichkeiten für Menschen z.B. in den Behörden, bei der Stadt etc., die mit guten Gründen die gegenwärtige Tierhaltung ablehnen. Wir wünschen uns, dass sie diese Möglichkeiten auch nutzen.
Die riesigen Mastanlagen sind nicht nur für die betroffenen Tiere, sondern auch ökologisch eine Katastrophe. Die Fischmehlproduktion ist mit für die Überfischung der Meere verantwortlich und die anderen Futtermittelimporte treiben die Vernichtung des Regenwaldes und den Klimawandel voran. In Brandenburg sind zur Zeit einige neue Tieranlagen sowie eine Schlachthoferweiterung geplant. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil im letzten Jahr ein vermeintlich erfolgreiches Volksbegehren gegen Massentierhaltung stattfand, das in einem Kompromiss mit der Landesregierung endete. Die gegenwärtigen Genehmigungsverfahren zeigen, wie zahnlos dieser Kompromiss eigentlich ist – die Massentierhaltung in Brandenburg wächst ungerührt weiter.