Es scheint, als würde das Thema Landwirtschaft in der Klimabewegung endlich aus der Nische herauskommen. Free The Soil – eine vom dänischen Klima Kollektiv angestoßene Kampagne – hat verschiedene Akteure zusammengebracht, um eine ungehorsame Massenaktion für Klimagerechtigkeit und gegen industrielle Landwirtschaft auf den Weg zu bringen. Dadurch verbreitert sich der thematische Fokus der Klimabewegung – eine Entwicklung, die AniCA seit Beginn des Bestehens der Gruppe immer wieder gefordert hat.
Konkret soll im September 2019 eine wirklich große Industrieanlage zur Fertigung von chemischem Dünger des internationalen Konzerns Yara lahmgelegt werden! Durch die Abhängigkeit der Chemiedüngerproduktion von Erdgas (und potentiell Fracking-Gas) ist ein gut nachvollziehbarer taktischer Link zwischen Energiekämpfen und Agrarkämpfen geschaffen worden.
Da Chemiedünger auch wichtiges industrielles Input für Futtermittelproduktion darstellt, ergibt sich ein weiterer Link zu unserem Kampf gegen die Tierproduktion. Auch aus diesem Grund unterstützt AniCA die Kampagne Free The Soil.
Im Zusammenhang mit Free The Soil wird es darüber hinaus auch ein Klima- und Landwirtschaftscamp geben – eine gute Gelegenheit für uns, auf den Zusammenhang von Klima und Tierproduktion hinzuweisen und dem Thema Tierproduktion die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die es im Kontext von Klimagerechtigkeit und Landwirtschaft verdient.
Bei aller Solidarität mit Free The Soil haben wir allerdings auch eine Kritik: Aus unserer Sicht macht die Kampagne ein Narrativ über Klima und Landwirtschaft prominent, welches auf einer mangelhaften Analyse beruht: Problematisch an der modernen globalen Landwirtschaft sind aus unserer Sicht weniger der Einsatz von Technik und industriellen Methoden an sich als die kapitalistische Form der landwirtschaftlichen Warenproduktion. Wir wünschen uns eine radikale Kritik an einer globalen landwirtschaftlichen Produktion, in welcher die Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur einen nicht übersehbaren Systemzwang darstellen. Anstelle romantischer Bilder einer vorindustriellen Produktion wünschen wir uns die gemeinsame Entwicklung einer konkreten Utopie, welche ohne Ausbeutung von Menschen, Tieren und der Natur auskommt. Wir wenden uns schließlich auch dagegen, dass die in Expert*innenenkreisen unumstrittene Rolle der Tierproduktion für die Klimaschädlichkeit der Landwirtschaft aus taktischen oder opportunistischen Motiven unter den Tisch gekehrt wird. Kritik heißt für uns weder Spaltung noch Entsolidarisierung. Deshalb werden wir Free The Soil in jeder Hinsicht unterstützen und rufen alle unsere Freund*innen dazu auf, sich an dieser Aktion zu beteiligen und insbesondere auch zum Camp zu kommen. Wir sehen uns im September!